Schneller Nachweis von Multiresistenzen

Artikel vom 19. Januar 2022
Laser

Ein nationaler Verbund aus acht Unternehmen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen will der Tuberkulose-Epidemie mithilfe der Photonik begegnen. Die Lösungsansätze sind im Kick-off-Treffen des vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung geförderten dreijährigen Forschungsprojekts »FluoResYst« vorgestellt. Ziel ist die Entwicklung eines kompakten Nachweissystems für Multiresistenzen bei Tuberkuloseinfektionen für die schnelle Diagnostik und die effiziente Behandlung von Betroffenen.

Der Ultrakurzpulslasertreiber wird zur Fluoreszenzanalyse genutzt. Bild: iC-Haus.

Die Tuberkulose-Epidemie soll bis 2030 beendet werden. Dies ist eines der Ziele der Vereinten Nationen. 2020 wurden weltweit zehn Millionen Fälle registriert, 1,5 Millionen Menschen starben an den Folgen der Erkrankung. Das macht Tuberkulose nach Covid-19 zur zweittödlichsten Infektionskrankheit weltweit. Multiresistente Varianten des Bakteriums Mycobacterium tuberculosis stellen vor allem aufgrund mangelnder Laborinfrastruktur in Entwicklungsländern ein zunehmendes Problem bei der Diagnose und damit bei der erfolgreichen Behandlung dar.

Photonischer Nachweis

Um Multiresistenzen von Tuberkulose-Bakterien zu begegnen, müssen Verdachtsfälle täglich getestet und bei positivem Laborbefund schnell behandelt und isoliert werden. In der Regel fehlt es jedoch an der dafür notwendigen Laborinfrastruktur und Logistik, denn 95 Prozent der Tuberkulose-Erkrankungen treten in Entwicklungs- und Schwellenländern auf.

Im Projekt »Zeitaufgelöste Fluoreszenzdetektion für die integrierte Multiparameter-Analyse von Multiresistenzen beispielgebend bei Tuberkulose«, kurz »FluoResYst«, werden die Partner eine innovative Methode für die beschleunigte Diagnostik von Multiresistenzen bei bakteriellen Erregern am Beispiel der Tuberkulose entwickeln. Ziel ist ein kompaktes und kostengünstiges photonisches Point-of-Care-Nachweissystem, das die Tuberkulosediagnostik auch außerhalb von Laboren und somit direkt vor Ort ermöglichen soll.

Kombination der Effekte

Durch die innovative Methode sollen zum einen aufwendige manuelle Laborschritte für den biochemischen Nachweis verkürzt und bereits im Gerät bereitgestellt werden. Zum anderen soll die schnelle Detektion und Auswertung über integrierte optoelektronische Komponenten erreicht werden.

Die Detektion der Multiresistenz-Gene der Erreger basiert auf dem Fluoreszenz-Quenching-Effekt. Dabei wird das Leuchten eines Fluoreszenzfarbstoffs, der an ein DNS-Fragment gekoppelt ist, durch die Bindung eines Antikörpers unterdrückt. Wird nun eine Probe mit dem gesuchten Genabschnitt hinzugegeben, löst sich diese Bindung und die DNS leuchtet auf.

Um Fluoreszenz erfassen zu können, werden die entsprechenden Farbstoffe mit Licht einer bestimmten Wellenlänge angeregt. Sie geben daraufhin Licht mit einer anderen Wellenlänge ab, das gemessen wird. Um das Nachweissystem günstig zu gestalten, sollen Anregungs- und Fluoreszenzlicht nicht über teure optische Filter, sondern über ihre Abklingzeiten unterschieden werden.

Die für diesen Effekt (Quenching) eingesetzten Fluoreszenzfarbstoffe haben sehr kurze Nachleuchtzeiten im Nanosekundenbereich. Um die Multiresistenz-Gene zeitaufgelöst messen zu können, benötigt man einen sehr schnellen Bildsensor und einen noch schnelleren, im Pikosekundenbereich abschaltenden Laser als Anregungslicht. Für beides werden im Projekt neue integrierte Schaltungen entwickelt. Der Bildsensor wird mit neuen Single-Photon-Avalanche-Dioden realisiert. Diese hochempfindlichen und bislang meist für Anwendungen im autonomen Fahren genutzten Photodioden können nicht nur einzelne Photonen detektieren, sondern erreichen vor allem die benötigten Messgeschwindigkeiten bis in den Gigahertz-Bereich.

Plattform anpassbar

Die Kombination dieser beiden Innovationen, des biochemischen Fluoreszenz-Quenching-Antikörper-Assays mit der photonischen Integration zeitaufgelöster Fluoreszenzmessung für kurzlebige Fluorochrome, führt zu einer neuen Detektionstechnologie, mit der bisher nur aufwändig zugängige komplexe Analysen stark vereinfacht und somit in der Breite zugänglich gemacht werden.

So wird die Entwicklung der Plattform nicht nur die Tuberkulosediagnostik und die Bestimmung von Multiresistenzen verbessern und durch beschleunigte Diagnostik vor Ort zur Eindämmung der Seuche beitragen. Ihre Anpassungsfähigkeit an andere Multiresistenznachweise wird es ebenfalls ermöglichen, die Diagnostik anderer häufig von Resistenzerscheinungen betroffener Infektionen zu optimieren.

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