Wettkampf um die Normen

Artikel vom 4. Mai 2022
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Die neu vorgelegte EU-Normungsstrategie lautet: Europa muss sich strategischer aufstellen. Dazu muss das Zusammenspiel von Politik und Industrie verbessert werden. Zudem sollen Normen und Standards als Teil des Innovationsprozesses verstanden werden. Ein Bericht der EU-Handelskammer in China hat im Dezember 2021 Alarm geschlagen. China gehe bei technischen Normen zunehmend eigene Wege. Den Bereich der technischen Normen bezeichnet der Bericht als „Schlachtfeld“, da Staaten die Standardisierung als Mittel benutzen, um ihre Position in strategischen Technologien auszubauen.

Normteile oder eigene Formen: China geht zunehmend eigene Wege bei der Standardisierung. Bild: Dlugosch

Die Vorlage zur Normungsstrategie der Europäischen Kommission wird als wichtiges Zeichen für die strategische Aufstellung Europas in der Normung angesehen. „Der schwindende Einfluss von deutschen und europäischen Unternehmen in den internationalen Normungsgremien ist ein Risiko für die europäische und deutsche Exportwirtschaft“, erklärte Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung.

Die EU-Normungsstrategie stellt mit der Einführung eines hochrangigen Forums die politischen Weichen, um das Zusammenspiel von Wirtschaft, Politik und den Normungsorganisationen zu intensivieren. Europäische Positionen müssen sich wieder vermehrt in internationalen Normen wiederfinden. Anderenfalls droht die Gefahr, bei Zukunftstechnologien wie künstliche Intelligenz, 5G oder Elektromobilität abgehängt zu werden. „Normen sind nicht nur ein wichtiges Instrument, um Innovationen im Markt zu verbreiten, sondern werden immer häufiger als industrie- und geopolitisches Instrument genutzt“, ergänzte Weber.

Bitkom: Agile Prozesse nötig

Aus Sicht des Bitkom hat sich in der Vergangenheit das System des New Legislative Framework (NLF) zum Inverkehrbringen von Produkten bewährt. Allerdings müssen die dahinterstehenden Prozesse zur Erstellung harmonisierter Normen deutlich agiler und schneller werden, meint der Verband der Elektro- und Digitalindustrie.

»Europa und Deutschland haben in den letzten Jahrzehnten in der internationalen Normung an Boden verloren und speziell in den Bereichen Software und KI nie richtig Fuß gefasst«, erklärt Bitkom-Präsident Achim Berg. »Es ist höchste Zeit und wir begrüßen sehr, dass sich die EU nunmehr eine Strategie zur Standardisierung in der Wirtschaft gibt.« Normen und Standards bestimmen die internationalen Märkte und wer die Standards setzt, gibt die Spielregeln vor. Die europäische Standardisierungsstrategie sei ein starkes Signal. »Die Europäische Kommission zeigt damit, dass sie die Normung künftig auch als wirtschaftspolitisches und regulatorisches Instrument bewusster einsetzen will. Die Normen selbst aber dürfen nicht von der Kommission, sie müssen von den Unternehmen geschrieben werden. Es ist Zeit, dass auch die deutsche und europäische Digitalwirtschaft aktiver in die Normungsarbeit einsteigt«, betonte der Bitkom-Präsident.

VDMA: China sucht eigene Lösungen

»Im Maschinen- und Anlagenbau beobachten wir, dass vor allem China die internationalen Normungsorganisationen immer stärker nutzt, um eigene Lösungen durchzusetzen und sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen«, analysiert Hartmut Rauen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des VDMA. »Wichtig ist jedoch, dass diese Strategie nicht zu Lasten der bewährten Grundsätze der Normung geht, in denen die Expertinnen und Experten der Unternehmen ihr Wissen einbringen und den Praxisbezug der Normen sicherstellen. Gerade das Engagement der im VDMA organisierten Unternehmen in allen Ebenen der Normung sowie in Zukunftsthemen wie der Entwicklung der Weltsprache der Produktion auf Basis der OPC-UA-Technologie, zeigt, welchen Trumpf wir in der Hand halten. Es ist daher unbedingt notwendig, die geopolitisch motivierte EU-Strategie mit den bewährten, marktgetriebenen Bottom-Up-Prozessen zu verzahnen“, fordert Rauen.

Schon im Juni 2021 hat ein Bericht des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestags vor Chinas Geopolitik technischer Standards gewarnt und sowohl von einer „chinesischen Dominanz als auch von einem erheblich wachsenden Einfluss“ gesprochen. Der Bericht befürchtet eine „Spaltung internationaler Standardisierung“.

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