Pandemie beschleunigt Wandel der Arbeitswelt
Sonstige Dienstleistungen
Der Zuspruch für flexiblere Arbeitsformen in Deutschland ist groß, hat eine repräsentative Umfrage des Digitalverbands Bitkom ergeben. Dennoch fordert Bitkom-Präsident Achim Berg: »New-Work-Konzepte müssen sich stärker durchsetzen.« Dafür müssen auch »die rechtlichen Voraussetzungen verbessert werden«, sagte Berg. Z. B. seine eine Festsetzung der Arbeitszeit pro Tag nicht mehr sinnvoll. Stattdessen biete sich eine wöchentliche Grenze für die Höchstarbeitszeit an.
Homeoffice, flexible Arbeitszeiten und neue Formen der Zusammenarbeit: Die Modernisierung der Arbeitswelt hat sich in der Corona-Pandemie beschleunigt. Aktuell arbeitet die Hälfte aller Erwerbstätigen (50 Prozent) in Deutschland vollständig oder teilweise im Homeoffice beziehungsweise mobil. Der Zuspruch für flexiblere Arbeitsformen ist groß.
Die übergroße Mehrheit der Erwerbstätigen versammelt sich hinter Werten und Einstellungen, die mit „New Work“ (neue Arbeitsform) verbunden werden: Die Arbeitszeit frei einteilen (95 Prozent), individuelle Leistungs- und Lernziele selbst bestimmen (95 Prozent) und allgemein einer sinnstiftenden Tätigkeit (91 Prozent) nachgehen zu können, sind breit geteilte Wünsche an den Job. Vom Arbeitgeber wird erwartet, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen (91 Prozent) und Gleichstellung und Diversität zu fördern (92 Prozent).
Vor die Wahl gestellt, möchten neun von zehn Erwerbstätigen (88 Prozent) nach der Pandemie zumindest teilweise im Homeoffice arbeiten, acht von zehn (80 Prozent) an einem festen Arbeitsplatz in einem Einzelbüro. Allgemein sollte mobiles Arbeiten in Deutschland nach Ansicht der großen Mehrheit (71 Prozent) viel stärker genutzt werden. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) spricht sich dafür aus, dass jede und jeder Beschäftigte einen Anspruch auf eine Prüfung haben sollte, ob die Tätigkeit auch mobil ausgeübt werden kann. Das sind zentrale Ergebnisse der Befragung von mehr als 1500 Erwerbstätigen in Deutschland ab 16 Jahren.
Der Bitkom-Präsident erläuterte: »Kaum ein anderer Lebensbereich hat sich zuletzt so rasant gewandelt wie die Arbeitswelt. In der Pandemie sind von heute auf morgen Millionen Erwerbstätige ins Homeoffice gewechselt – und viele möchten daran festhalten. Längst nicht alle Jobs sind zum mobilen Arbeiten geeignet. Aber der Wunsch nach mehr Flexibilität, Selbstbestimmung und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist groß und die Politik und Unternehmen sind gefordert, hierfür den richtigen Rahmen zu setzen.«
Digitalisierung als Chance
In der Pandemie hat sich die Sichtweise auf die Digitalisierung der Arbeitswelt weiter stark zum Positiven entwickelt. Mehr als acht von zehn Erwerbstätigen (84 Prozent) sehen die Digitalisierung als Chance für ihre berufliche Situation. 2019 waren es erst 66 Prozent. Nur noch jede und jeder Siebte (14 Prozent) sieht dagegen in der Digitalisierung eine Gefahr für die eigene berufliche Situation, sehr viel weniger als vor der Pandemie (2019: 32 Prozent).
Corona-bedingt hat die Mehrheit der Erwerbstätigen Erfahrungen im Homeoffice gesammelt. Ein gutes Viertel (27 Prozent) geht einer Tätigkeit nach, die vollständig für Homeoffice geeignet ist. Ein gutes Drittel (35 Prozent) der Jobs eignet sich nach Einschätzung der Befragten zumindest teilweise dafür. 36 Prozent der Tätigkeiten sind dagegen nicht für Homeoffice geeignet. Aktuell dürfen zwei Drittel der Erwerbstätigen (65 Prozent) mobil, etwa im Homeoffice, arbeiten. Von ihnen nehmen drei Viertel (77 Prozent) diese Möglichkeit auch wahr. Auf alle Erwerbstätigen gerechnet – also auch diejenigen, deren Jobs sich nicht für mobiles Arbeiten eignen – macht das genau die Hälfte: 50 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten aktuell ganz oder teilweise mobil beziehungsweise im Homeoffice.
Auch in Präsenz-Jobs gewünscht
Wer nicht mobil arbeiten darf, obwohl das von der Tätigkeit her möglich wäre, ist damit unzufrieden. Drei von zehn (30 Prozent) möchten zumindest einen Tag pro Woche mobil arbeiten, zwei von zehn (22 Prozent) mehrere Tage pro Woche und ein Zehntel (zehn Prozent) will ausschließlich mobil arbeiten und nicht mehr ins Büro. Das übrige Drittel (34 Prozent) würde zumindest ab und zu mobil arbeiten wollen. Auch unter denjenigen, die einer Tätigkeit nachgehen, für die Präsenz erforderlich ist, wollen viele mehr Flexibilität. Vier von zehn (44 Prozent) würden mobil arbeiten, wenn der Job es zuließe. Dem stehen drei von zehn (29 Prozent) gegenüber, die das nicht möchten.
Zukunft im Homeoffice
Geht es nach den Erwerbstätigen, wird es in der Zeit nach der Pandemie eine Mischung aus mobiler und Präsenzarbeit geben. In Zukunft möchten neun von zehn (88 Prozent) mindestens teilweise im Homeoffice arbeiten. Acht von zehn wollen einen festen Arbeitsplatz (80 Prozent) in einem Einzelbüro, sieben von zehn (69 Prozent) einen festen Arbeitsplatz in einem Mehrpersonenbüro. Ins Großraumbüro will dagegen nur ein Drittel (32 Prozent), und das nur gelegentlich.
Berg sagte: »Die neue Normalität entscheidet sich nicht zwischen klassischer Präsenzarbeit und Homeoffice, sondern ist ein klares Sowohl-als-auch. Hybride Arbeitsmodelle werden sich zunehmend durchsetzen. Die meisten werden einige Tage pro Woche ins Büro gehen und einige Tage zu Hause arbeiten. Einige werden nur noch im Homeoffice sein, andere nur im Büro. Und der eine und die andere wird Workation bevorzugen und am Urlaubsort arbeiten, sei es im Hotel oder Camper – immer vorausgesetzt, der Job lässt das zu.«